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Donnerstag, 21. Oktober 2010

Wer bin ich?

Nachdem ich Gestern endlich einen richtigen Strich unter einer Sache ziehen konnte, in der es schon lange nötig war, habe ich noch einige Zeit in dem Andachtsraum der Frauenkirche in Dresden gesessen.
(Das ich überhaupt nach Dresden gekommen bin, hing an ziemlich komplizierten und doch auch witzigen Umständen.
Aber manchmal ist ja gerade das Komplizierte das, was wir brauchen um uns selber den Kopf zu waschen...)

Nun, so saß ich also in der Frauenkirche in einem kleinem dunklem Raum, der nicht der Besichtigung freigegeben ist, sondern dem persönlichem Gebet vorbehalten sein soll. Warum ich da saß wusste ich selber nicht so ganz, aber ich versuchte meinen Gedanken einen Raum der Ruhe und Besinnlichkeit zu geben. Sie sollten die Chance bekommen, sich zu sortieren...
...bis mir ein Text von Dietrich Bonhoeffer in den Sinn kam...

Wer bin ich?
Sie sagen mir oft,
ich träte aus meiner Zelle
gelassen, heiter und fest,
wie ein Gutsherr aus seinem Schloß.

Wer bin ich?
Sie sagen mir oft,
ich spräche mit meinen Bewachern
freundlich und klar,
als hätte ich zu gebieten.

Wer bin ich?
Sie sagen mir auch,
ich trüge die Tage des Unglücks
gleichmütig, lächelnd und stolz,
wie einer der Siegen gewohnt ist.

Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?
Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?

Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig, ringend nach Lebensatem, als würge mir einer die Kehle, hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen, dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe, zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung, umtrieben vom Warten auf große Dinge, ohnmächtig bangend um Freude in endloser Ferne, müde und leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen.

Wer bin ich?
Der oder Jener?
Bin ich denn heute dieser und morgen ein anderer?
Bin ich beides Zugleich?

Oder gleicht, was in mir ist, dem geschlagenem Heer, das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?

Wer bin ich?
Einsames Fragen treibt mit mir Spott.

Wer ich auch bin,
Du kennst mich,
Dein bin ich,
oh Gott!!!


Die Ambivalenz die in den Gedanken Bonhoeffer steckt, kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich denke das geht wohl auch nicht nur mir so.
Aber sollte das ein Grund zur Unsicherheit, zum Verzweifeln oder gar Handtuch schmeißen sein?

Die Frage: WER BIN ICH? beantwortet sich in diesem Text ganz von selbst! Der Mensch hat immer mehrere Seiten. So genau sind wir doch von Gott geschaffen.
Ist eine gewisse Ambivalenz nicht sogar gesund? Kann sie uns nicht vor vielem bewahren, uns vieles eröffnen, uns erkennen lassen, uns mitfühlen, uns verstehen helfen?
Nicht auszudenken wenn Schwarz immer nur Schwarz wäre und Weiß immer nur Weiß...
Das Leben besitzt eine riesige Komplexität, deren unendlichen Reichtum es zu entdecken gilt :-)
Wer macht sich mit auf den Weg?

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